Studium und Tätigkeit in einem Entwicklungsland

Geboren bin ich kurz vor Kriegsende, im Dezember 1944, in Liegnitz, im ehemaligen Schlesien, und aufgewachsen weitgehend in Darmstadt.

Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn und zahlreichen Reisen in die Dritte Welt arbeitete ich Anfang der Siebzigerjahre im Auftrag der deutschen Entwicklungshilfe als Berater und Wirtschaftsforscher an einem wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitut in Rio de Janeiro, Brasilien.
Ziel meine Tätigkeit war es, zusammen mit meinen internationalen Kollegen am Institut, die größtenteils aus Brasilien stammten, Vorschläge für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in den armen Regionen Brasiliens zu machen. Daraus entstanden Studien wie die in der Literaturliste genannte Nummer 1.

Für die Journalistenausbildung halte ich Praktika in einem der Länder des Südens, in denen es auch arme Regionen gibt, für durchaus hilfreich. Dadurch könnten junge Menschen, die im Wohlstand und großer Freiheit und Rechtssicherheit aufgewachsen sind, den Standpunkt der armen Völker leichter verstehen. Dies ließe sich vielleicht dadurch erreichen, dass man einen regelmäßigen Austausch mit Journalisten-Ausbildungsstätten in solchen Ländern organisiert.

Englisch als Studiensprache

Auch halte ich es aufgrund der Erfahrungen meiner Auslandsjahre für wichtig, dass einige Lehrveranstaltungen in der Journalistenausbildung - etwa 20 bis 25 % - durchweg in englischer Sprache durchgeführt werden - am besten Seminare oder journalistischen Projekte in Lehrredaktionen, in denen die Studierenden selbst häufig sprechen können.

Im zukünftigen Europa können junge Journalisten dann besonders kreative und innovative Artikel in Englisch auch im Ausland anbieten. Selbst wenn dann noch ein muttersprachlicher englischer Editor den Artikel bearbeitet, so erzielt er doch eine wesentlich größere Auflage, als wenn er nur in deutscher Sprache veröffentlicht wird. Zusätzlich können sich angehende Journalisten bei der Recherche in großen internationalen Zeitungsdatenbanken wie denen von Lexis-Nexis wesentlich schneller einen Überblick über besonders innovative Themen und Lösungen verschaffen.

Promoviert wurde ich später in Volkswirtschaftslehre zu einem Thema der Methode der Nutzen-Kosten-Analyse. Grundzüge dieser Arbeit entstanden in meiner Zeit in Brasilien. Diese Methode, die sich für die umfassende Beurteilung von sehr vielen Projekten des Staates nutzen lässt, hat sich meines Erachtens später für meine Arbeit im Wirtschaftsjournalismus und in der journalistischen Ausbildung als sehr hilfreich erwiesen. Die Methode der Nutzen-Kosten-Analyse wird an den Universitäten meistens nur in der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät gelehrt. Ich denke aber, dass sie von so umfassender Bedeutung ist, dass sie auch in die deutsche Journalistenausbildung vermehrt Eingang finden könnte; denn sehr häufig müssen Journalisten beurteilen, in welcher Form und Ausgestaltung teure Großprojekte wirklich eine gute Nutzen-Kosten-Relation im umfassenden, auch sozialen Sinne, erzielen. Das trifft zum Beispiel für Großprojekte zu wie

  • Stuttgart 21,
  • sinnvolle Mülltrennung,
  • Umstellung von Atomenergie auf andere Energieformen.